Kirchengemeinde

Öffnungszeiten Pfarrbüro (Pfarrstraße 7):
Dienstag, Mittwoch und Freitag: 9-11 Uhr
Donnerstag: 15-17 Uhr
Tel.: 05384 387
Mail: rhueden-wohlenhausen.buero@lk-bs.de

Zu unserer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde gehören derzeit rund 1.700 Gemeindemitglieder. Wir verfügen über die wunderschöne St.-Martini-Kirche in Rhüden und die ansprechend schmucke Fachwerkkapelle „Johannes Bugenhagen“ in Wohlenhausen. Für unser Gemeindeleben steht das Martin-Luther-Haus in Rhüden bereit.

Kirchenchor und Co.
Zu unseren festen Angeboten zählen der Kirchenchor, der regelmäßig am Dienstagabend probt, sowie der Spontan-Chor, der sich nach Absprache trifft. Zusätzlich haben wir einen Seniorenkreis, veranstalten Spielenachmittage für Senioren und Jugendliche und führen Kaffeefahrten für Senioren durch. Ein weiterer Akzent liegt auf der Arbeit mit den „Wilden Kerlen“: Kinder zwischen 4 und 12 Jahren verabreden sich zu spannenden Abenteuern in der Natur. Gitarrenunterricht gibt es auf Anfrage auch. Die Konfirmanden/Innen werden wöchentlich am Donnerstag unterrichtet.

Gottesdienste
Gottesdienst feiern wir an Sonn- und Feiertagen, jeden zweiten Sonntag im Monat laden wir zum Gottesdienst in die Kapelle nach Wohlenhausen ein. Hier werden auch besonders gern Taufen gefeiert. Organistin Claudia Schaare bringt durch ihre professionelle Art einen besonders wertvollen Akzent in die gottesdienstlichen Feiern ein.

Kirchengeschichte

Das Christentum wurde von Kaiser Karl dem Großen in den sogenannten Sachsenkriegen zwischen 774 und 804 mit Gewalt den hiesigen Bewohnern aufgezwungen. Meist wurden die neuen Kirchen (wahrscheinlich aus Holz) auf den alten germanischen Kultplätzen angelegt, um die Bevölkerung vor einem Rückfall in die heidnische Sitte zu bewahren. Die Kirche wurde im Mittelpunkt des alten Riudium auf einem leichten Hügel gebaut – die vielen Seitenarme der Nette flossen um das Gebäude. Einen Hinweis könnte der Name „Lappenberg“ geben – dies ist die Flurbezeichnung direkt neben der Kirche. Manche Namensforscher deuten ihn als eine Art Kultplatz, der mit Lappen umzäunt war, andere jedoch meinen allerdings, dass damit nur ein Abfallberg gemeint sein könnte. Die Lagebezeichnung „Lappenberg“ ist sehr oft in der Nähe von Kirchen zu finden und bestärkt somit die erste Vermutung. Wahrscheinlich war der heidnische sächsische Kultplatz mit Lappen als Begrenzung umringt.

Mehr zur Kirchengeschichte

Der genaue Zeitpunkt des Baus dieser ersten Kirche in der Mark Riudium ist unbekannt – der Name Martini Kirche deutet allerdings auf eine frühe Gründung hin, also auf die Zeit zwischen 852 und 900, denn der Heilige Martin von Tours war nicht nur der Schutzpatron der Franken, sondern auch des Stiftes Gandersheim, welcher bis 1803 das Patronat unserer Kirche innehatte. Die Abtei hatte sicherlich größtes Interesse daran, ihrem großen Grundbesitz in der Mark Riudium mit einem zentralen Kirchenbau eine christliche Zukunft zu sichern.

Teilung des Ambergaus

1232 werden als erste Nachricht über eine Kirche in Rhüden, das damals noch ungeteilt war, zwei Priesternamen und der Hinweis auf die zwei anliegenden Kapellen St. Georg und Heiliger Jakob genannt. Um 1280 erfolgt die Teilung des Ambergaus durch die Grafen von Wohldenberg in eine westliche, hildesheimische, und in eine östliche, braunschweigische Hälfte. Grenze war – bis auf Bockenem – die Nette. Auch die Trennung von Rhüden in das westlich gelegene hildesheimische Großrhüden und das östlich gelegene braunschweigische Kleinrhüden entstand im Jahr 1280. Der gemeinsame Kirchenverband blieb trotz der trennenden Landesgrenze erhalten. Noch gab es keine Glaubenskonflikte, denn beide Seiten unterstanden katholischen Landesregierungen. 1477 erfolgten eine Erweiterung der Kirche, eine Dacherneuerung und eine Renovierung des Innenraums. In dieser Zeit müsste auch die Errichtung der Heiligen-Bluts-Kapelle, die von einem Adelsherrn gestiftet wurde, erfolgt sein. Nach der Hildesheimer Stiftsfehde 1519-1523 zwischen dem Fürstbistum Hildesheim und dem Herzogtum Braunschweig, die für die braunschweigische Seite erfolgreich endete, fielen große Teile des Hildesheimer Stiftes für 120 Jahre an das Herzogtum Braunschweig. So auch der gesamte Ambergau, sowie Großrhüden, Mechtshausen und Bilderlahe. Trotzdessen, dass beide Rhüden unter einer Landeshoheit lebten, blieben sie politisch selbstständig.

Katholisch oder evangelisch?

Nach 1517 setzte auch in Norddeutschland die Reformation ein – große Teile wurden evangelisch. Nur der braunschweigische Herzog Heinrich der Jüngere blieb als einziger norddeutscher Landesfürst katholisch. Der Landesherr bestimmte damals die Religionszugehörigkeit. In den folgenden Jahren wurde unser Herzog mehrfach von seinen fürstlichen Nachbarn im Schmalkadischen Krieg des Landes verwiesen – unsere Vorfahren wurden im Jahr 1542 evangelisch. Nur drei Jahre später, 1545, erobert der Herzog sein Land wieder zurück – unsere Vorfahren werden wieder katholisch. Die Erorberung hielt nur drei Monate an, bevor der Herzog sein Land wieder verlor und Rhüden wieder dem evangelischen Glauben angehörte. Zwei Jahre später, 1547, verliert die evangelische Seite wieder und Rhüden wird wieder katholisch bis zum Tode des Herzogs im Jahr 1568. Danach führt sein Sohn Herzog Julius auf Dauer die Reformation ein. Es ist kaum vorstellbar, was unsere Vorfahren in diesen drei Jahrzehnten mitmachen mussten – fünf Mal die Konfession zu wechseln und wahrscheinlich immer wieder mit neuen Pastören zu leben. Die Zugehörigkeit zu Braunschweig erklärt, dass die damaligen Stiftsdörfer, die seit 1523 braunschweigisch sind, nun auch evangelisch werden und bleiben. In dieser Zeit wird auch das Dorf Wohlenhausen, welches über 200 Jahre wüst war, wieder besiedelt – das war 1537 – und es wird in den Pfarrverband Rhüden eingegliedert. Bis 1820 mussten die Wohlenhäuser nach Rhüden zur Kirche gehen, also über 280 Jahre lang, dann bekamen sie ihre eigene Kapelle – die heutige Johannes-Bugenhagen-Kapelle. Ihre Verstorbenen mussten sie aber weitere 31 Jahre in Rhüden beerdigen lassen, denn erst 1851 bekamen sie ihren eigenen Friedhof – der „Wohlenhäuser Kirchweg“ und der „Totenbrückenhai“ in der Großrhüdener Forst erinnern noch mit ihrer Namensgebung an den Ursprung. Dennoch gehört Wohlenhausen bis heute zum Pfarrverband Rhüden (seit Januar 2017 bilden sie eine Kirchengemeinde in der Landeskirche Braunschweig).

Einsturz und Dreißigjähriger Krieg

Nach diesem kleinen Ausflug in die Wohlenhäuser Kirchengeschichte kehren wir wieder zurück nach Rhüden: 1608 stürzte der Kirchturm ein und wurde mit Steinen aus der verfallenen Heiligen-Blut-Kapelle neu aufgebaut. Eine sehr schlimme Zeit musste die Bevölkerung im Dreißigjährigen Krieg überstehen. Die Kirchenbücher berichten von zahlreichen Übergriffen, Plünderungen und Gewalttaten, die bei den öfter länger anhaltenden Einquartierungen und Durchzügen der verschiedenen Kriegsvölker an der Tagesordnung waren. Dem damaligen Pastor gelang es allerdings, das Pfarrhaus mittels eines Schutzbriefes vom Feldherrn Tilly persönlich unterzeichnet, vor Plünderung zu schützen. Die Kirche wurde aber verwüstet und das Inventar zerschlagen. Auch der Taufstein wurde zerschlagen und erst später wieder zusammengesetzt. Allerdings wurden beide Rhüden vor Brand geschützt.

Auch der Pastor erlag wenig später an der von den Kriegsvölkern eingeschleppten Pest. Als endlich 1643 der langersehnte Frieden für Teile von Norddeutschland beschlossen wurde, kamen die 1523 an Braunschweig gefallenen Stiftsdörfer wieder zurück zum Bistum Hildesheim. Nun war der furchtbare lange Krieg auch für Rhüden beendet, aber es gab neue schwierige Probleme zwischen den Dörfern. Denn es gab wieder eine Landesgrenze zwischen Groß und Klein Rhüden, mit schwerwiegenden Folgen. Beide Orte sowie auch Wohlenhausen waren zwar evangelisch und auch im gemeinsamen Pfarr- und Schulverband, aber Großrhüden unterstand politisch dem katholischen Landesherrn, dem Bischof von Hildesheim, und Klein Rhüden dem evangelischen Herzog von Braunschweig.

Kuriose Landesgrenze

Fast 200 Jahre zogen sich die Streitigkeiten zwischen der braunschweigischen und Hildesheimer Behörde um unsere Kirche hin. Die Hildesheimer Seite behauptete, die Landesgrenze ginge mitten durch die Kirche. Daraus ergaben sich zum Teil kuriose Vorfälle. Kirchturm, Glocken und Orgel wurden von Großrhüden beansprucht, während Kleinrhüden das Kirchenschiff mit Altar, Kanzel, Taufbecken und Seiteneingang behalten sollte. Die Großrhüdener und Wohlenhäuser Bürger betraten die Kirche durch den Haupteingang und saßen auf der linken Seite – die Kleinrhüdener kamen durch den Seiteneingang und saßen rechtsseitig des Kirchenschiffes. Da sie verschiedene Gesangbücher hatten und man sich nicht auf ein einziges Gesangbuch einigen konnte, waren für die gleichen Gesänge für die Großrhüdener auf der linken Seite und für die Kleinrhüdener auf der rechten Seite jeweils die gültigen Liedernummern auf der Tafel angezeigt. Glockengeläut und Orgelspiel fanden auf Hildesheimer Seite statt, Predigt und kirchliche Handlungen wie Taufe, Konfirmation und Hochzeiten auf Braunschweiger Seite. Beim Tod eines Bischofs und bei der Wahl des Nachfolgers verweigerte der Pastor aus Kleinrhüden das Trauer- bzw. Ehrengeläut. Auch beim gemeinsamen Schulverband gab es Probleme – die Schule stand in Großrhüden, der Lehrer allerdings wurde von den Kirchenvisitatoren aus Wolfenbüttel eingesetzt und bezahlt.

Ein Lehrer, der von Großrhüdener Seite abgelehnt wurde, konnte nur unter Schutz der Braunschweiger Husaren das Schulhaus betreten und amtseingeführt werden. Als ein Kleinrhüdener Einwohner, welcher vom Soldatendienst desertiert war, während des Gottesdienstes erkannt wurde und verhaftet werden sollte, flüchtete dieser einige Meter weiter auf das Hildesheimer Gebiet und war in Sicherheit. Dieser Vorfall führt allerdings zu einem monatelangen Behördenstreit zwischen Braunschweig und Hildesheim. Weiterhin ein großer Streit um das Baumfällen und die Nachbepflanzung im Umfeld der Kirche – jede Seite behauptete, der andere habe auf seiner Seite gearbeitet. Natürlich wurde durch diese Teilung auch der Salzschmuggel verhindert – bekanntermaßen hatte Großrhüden eine gut florierende Saline und Haushaltssalz war enorm wertvoll in dieser Zeit. Es war für die Pastöre in dieser Zeit sehr schwer, ihr Amt auszuüben, so dass beide Seiten zufrieden waren. Erst 1828 wurde endgültig festgelegt, dass die gesamte Kirche auf Braunschweiger Gebiet lag – der Streit war damit beendet. Aber die ehemaligen Großrhüdener sitzen bis heute gern auf der linken Seite und die Kleinrhüdener auf der rechten Seite des Kirchenschiffes.

In der Nacht vom 5. auf den 6. März 1834 trat für die Rhüdener Bürger ein großes Unglück ein – denn in dieser Nacht brannte ganz Kleinrhüden und große Teile von Großrhüden vollkommen ab. Auch die Kirche und das Pfarrhaus wurden Opfer der Flammen. Der Kirchturm wurde 1836 wegen Einsturzgefahr abgerissen. Der zügige Aufbau der Kirche wurde immer wieder durch Zwistigkeiten der einzelnen Gemeinden verhindert – meist war kein Geld da – weil das ganze Dorf wieder neu aufgebaut werden musste. Hinzu kam es in den folgenden Jahren bis 1850 auch zur sogenannten Bauernbefreiung – die Bauern konnten ihre Meierbriefe ablösen und wurden somit Eigentümer ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen – dadurch verringerte sich natürlich auch die Spendenbereitschaft der Rhüdener. 54 Jahre wurde nun als Gotteshaus die St. Georgs-Kapelle in Großräumen genutzt, bis 1888 die neue Kirche, durch Baumeister Wilhelm Haase mit Sandstein aus Lutter im neugotischen Stil erbaut, eingeweiht werden konnte. Noch heute ist diese schöne Kirche im Rhüdener Becken weitgehend sichtbar – besonders abends, wenn sie von Strahlern beleuchtet wird. Die Kirche ist wahrlich ein Wahrzeichen für Rhüden geworden.

Nach 700 Jahren wieder vereint

Ein weiteres großes Ereignis war die große Gebietsreform 1975 – Groß- und Kleinrhüden wurden nach 700-jähriger Trennung wieder eine politische Gemeinde. Hinzu wurden 2017 auch die kirchlichen Gemeinden Wohlenhausen Groß und Klein Rhüden nach 742-jähriger Trennung zu einer Kirchengemeinde in der braunschweigischen Landeskirche zusammengefasst – sie trägt jetzt den Namen „Kirchengemeinde Rhüden-Wohlenhausen in Seesen“. Text: Friedrich-Wilhelm Harenberg